Ein irreführendes Versprechen

Die «Ehe für alle» führt alle in die Irre.

Sie erschwert einen respektvollen Umgang mit der Natur. Denn sie verdeckt krampfhaft die Tatsache, dass jeder Mensch von Natur aus sein Leben einem Vater und einer Mutter verdankt.

Sie vergrössert die Kluft zwischen den Naturwissenschaften und den Sozial- und Humanwissenschaft. Denn welcher Naturwissenschaftler kann akzeptieren, dass man die Frage nach dem Ursprung übergehen kann, wenn man eine Tatsache verstehen möchte?

Sie verhindert das Staunen über das Zusammenspiel von Natur und Kultur. Denn das Geheimnisvolle am Menschen ist ja in der Tat, dass er in einem weit höherem Mass als jedes Tier von der Zuwendung, Pflege und jahrelangen Erziehung durch liebevolle Menschen angewiesen ist – und dass er trotzdem – so wie die meisten Tiete – sein Leben der Vereinigung von einem Männlichen und einem Weiblichen verdankt. Wenn man das eine «biologistische Lüge» nennt, spielt man gegeneinander aus, was zusammengehört.

Sie etabliert eine Lösung zu Gunsten der jetzt Erwachsenen auf Kosten der Kinder. Man kann darüber streiten, was das Wohl eines Kindes sei. Unbestreitbar ist, dass jedes Kind das Recht hat, von seinem Erzeuger umsorgt und von seiner Mutter ins Leben geleitet zu werden. Nicht menschliches Wünschen, sondern nur eine Not darf dieses Recht brechen.

Sie verweist auf den Konsens der etablierten Humanwissenschaft: Viele Studien beweisen, dass es Kindern bei gleichgeschlechtlichen Paaren gut geht. Dem steht das Wort des Erkenntniswissenschaftlers Ian Hacking entgegen: Die Sozialwissenschaften bewegen sich noch immer in Dogmen und Spekulationen. Noch vor fünfzig Jahren bestand ein wissenschaftlicher Konsens, dass es im Interesse des Kindeswohl sei, jenische Kinder ihren Eltern wegzunehmen. Der Bund bezahlte später diesen Kindern eine Entschädigung.

Sie idealisiert das zweisame Glück und konzentriert alles auf den Wunsch nach einer kleinen Familie mit eigenen Kindern. Das verengt den Horizont. Viele Aufgaben bleiben unerkannt und ungetan.

Sie macht die Starken und Glücklichen zur Norm und verhindert einen ehrlichen Austausch über Elend, Not und unerfüllte Wünsche, und ein ebenso ehrliches Suchen nach dem Glück der wahren Liebe, die geduldig ist, weil sie auch hilflos sein darf.

Sie bereitet den Weg für die Leihmutterschaft. Denn sie verstärkt noch einmal massiv die Vorstellung, dass alles, was wünschbar und machbar ist, auch erlaubt und von allen mitgetragen sein müsse.

Sie bedient eine selbstgerechte Gleichgültigkeit: Ich lasse jeden so leben, wie er will – damit auch ich so leben darf, wie ich will.

Sie verdeckt, dass die Ehegesetzgebung nicht nur allen ein Recht verleiht, sondern alle mitverantwortlich macht für das, was die Eheleute tun und was mit ihren Kindern geschieht.

Die «Ehe für alle» steht nicht für den Triumpf der Liebe. Sie steht für die Kollektivierung des privaten Glücks.